Infolge der industriellen Revolution in Deutschland Ende des 18. bis Anfang des 19. Jahrhunderts wuchs die Einwohnerzahl Berlins rasch an. Freie, überwiegend landwirtschaftlich genutzte Flächen wurden zunehmend mit Wohn- und Industriebauten überformt. In der Luisenstadt entwickelte sich eine stark verdichtete Mischung aus Wohnen und Gewerbe. Das Gebiet gehörte zu den am dichtesten besiedelten Räumen Berlins. Zur Versorgung der Bevölkerung wurden vermehrt öffentliche Einrichtungen wie Markthallen, Krankenhäuser und Schulen gebaut. In diese Zeit gehört auch das vermutlich nach den Plänen des Architekten und Stadtbaurates Herrmann Blankenstein um 1893 errichtete Schulensemble in der Mariannenstraße 47. Das ursprüngliche Ensemble bestand aus einem viergeschossigen Schulgebäude mit zwei Seitenflügeln und einer Turnhalle. Im Jahr 1945 wurde das Schulgebäude zerstört und nicht wieder aufgebaut. Vom Gesamtensemble ist lediglich die Turnhalle erhalten geblieben.
Bestandsansicht Turnhalle, 2009
Foto: STATTBAU GmbH
Bestandsansicht Innenraum Turnhalle, 2009 Foto: Architekturbüro planquadrat-a
Der eingeschossige Mauerwerksbau ist mit roten Ziegeln verblendet. Das Traufgesims und die Friesgestaltung aus glasiertem Stein betonen die horizontale Gliederung des Gebäudes. In der Turnhalle sind die ursprüngliche Deckenkonstruktion sowie Teile der bauzeitlichen Ausstattung (technisches Zubehör, Seilwinden) erhalten. Die solide Ausführung und die Sorgfalt der handwerklichen Details machen das Gebäude interessant und einen Teil seines schützenswerten baukulturellen Erbes aus.
Entwurf Turnhalle mit Ergänzungsbau
Quelle: mab-mathewson architektur
Mit der Sanierung der instandsetzungsbedürftigen Turnhalle wurde 2010 begonnen. Ziel der durchgeführten Maßnahmen war es, das Gebäude und die umgebenden Flächen im Einklang mit der stadträumlichen Situation und unter denkmalpflegerischen Gesichtspunkten zu einem attraktiven Standort mit qualifiziertem Sportangebot zu entwickeln. Für eine zeitgemäße Ausstattung der Halle war es erforderlich, neben der Erneuerung des Bestandsgebäudes einen Ergänzungsbau an das bestehende Gebäude anzubinden. Der Entwurf des Ergänzungsbaus von mathewson architektur berlin wurde im Jahr 2009 im Rahmen eines Gutachterverfahrens des Landes Berlin ausgewählt. Der moderne Neubau wurde barrierefrei gestaltet und mit Umkleiden, Sanitäranlagen und Technik ausgestattet. Über einen Verbindungsbau ist es gelungen, den historischen Altbestand der Turnhalle mit dem modernen Funktionstrakt baulich und funktional miteinander zu verbinden. Die Freiflächen vor der Halle wurden für Bewegungsangebote qualifiziert und mit neuer Zuwegung nachbarschaftsverträglich gestaltet.
Neu gestalteter Innenbereich Turnhalle, 2013 Foto: BSM mbH
Die Baumaßnahmen wurden 2013 fertig gestellt. Für die Hüllensanierung des Bestandsbaus (Turnhalle), den Ergänzungsbau und die Anpassung der Freiflächen wurden 1,02 Mio. € aus dem Programm Städtebaulicher Denkmalschutz eingesetzt. Zusätzlich wurden Mittel aus dem Schul- und Sportstättensanierungsprogramm und dem Programm Soziale Stadt (Quartiersfonds) für die Finanzierung der Maßnahmen zur Verfügung gestellt. Die Eröffnungsfeier und Inbetriebnahme der neugestalteten Turnhalle erfolgte 2013.
Neuer Umkleideraum Ergänzungsbau, 2013 Foto: BSM mbH
Neu gestalteter Außenbereich, 2013 Foto: STATTBAU GmbH