Das Georg-von-Rauch Haus ist Teil des großflächigen Denkmalbereiches des ehemaligen Diakonissenkrankenhauses Bethanien am ehemaligen Luisenstädtischen Kanal. Das Gebäude liegt nördlich des Haupthauses und war ursprünglich mit diesem durch einen überdeckten Gang verbunden.
Geschichte und Entwicklung
Das heutige Georg-von-Rauch-Haus wurde 1893 als Schwesternwohnheim und Lehrstätte "Martha-Maria-Heim" nach dem Entwurf des königlichen Bauinspektors Karl Mühlke erbaut. 1910/11 erfolgte nach Plänen des Regierungsbaumeisters Julius Boethke eine Erweiterung.
Die historischen Ereignisse prägten die Nutzung des ehemaligen Schwesternwohnheims. Nachdem der Krankenhausbetrieb eingestellt worden war, sollte das Gebäude wie auch viele andere Nebengebäude des Bethanien abgerissen werden. Nach Protesten wurden die Abrisspläne eingestellt und 1970 kaufte das Land Berlin die Gebäude und stellte sie unter Denkmalschutz. Die Räume blieben jedoch weiterhin ungenutzt. Im Dezember 1971 besetzten Studierende das Haus und gaben dem Gebäude den Namen des Linksaktivisten Georg von Rauch (1947-1971). Er war Angehöriger der linksradikal militanten Szene in West-Berlin und wurde am 4. Dezember 1971 bei einem Schusswechsel mit Zivilfahndern tödlich verletzt. Seit der Besetzung wird das Haus als selbstverwaltendes Wohnkollektiv genutzt. Nach Verhandlungen mit dem Berliner Senat unterschrieb das Kollektiv im Jahr 1971 einen Nutzungsvertrag. Noch heute ist das Haus von ihnen bewohnt und wird durch den Verein "Georg von Rauch-Haus Jugend- und Kulturzentrum Kreuzberg e.V." verwaltet.
Außenansicht des Georg-von-Rauch-Hauses vor der Sanierung, 2013
Fotos: BSM mbH
Sanierung
Das Georg-von-Rauch-Haus ist ein wichtiger Teil des städtebaulichen Ensembles Bethanien. Vor der Durchführung der Maßnahme bestand ein erheblicher Sanierungsbedarf an der Gebäudehülle, das Dach war undicht, der Keller feucht und die Fenster schadhaft.
Mit Mitteln aus dem Programm Städtebaulicher Denkmalschutz wurde das Haus zwischen 2013 und 2016 wieder in Stand gesetzt. Hierbei galt es besonders, die vorhandene Substanz des Gebäudes zu erhalten. Zugleich wurde die aktuelle Nutzung des Gebäudes als Jugend- und Kulturprojekt nachhaltig gesichert. In diesem Bereich wurden die Sanitäranlagen, die Heizungsanlage und die kulturell genutzten Räume saniert.
Die abwechslungsreiche Fassade des zweigeschossigen Gebäudes besteht zum großen Teil aus Ziegelsteinen mit Flächen aus Naturstein. Mit der Sanierung wurde die Fassade gereinigt und in Teilen ausgebessert. Die soziokulturell genutzten Innenräume wurden in Stand gesetzt.
Das gesamte Dachwerk wurde repariert und teilweise erneuert. Es ist in Teilen mit Biberschwänzen in Kronendeckung, Falzziegeln, einer Pappdeckung und Schiefer gedeckt.
Der erneuerte Dachstuhl nach der Sanierung, September 2017
Fotos: Erik-Jan Ouwerkerk
Behutsame Erneuerung der Innenräume, September 2017
Die Bauwerksabdichtung, Grundleitungen und die Wärmedämmung wurden grunderneuert und der Brandschutz ertüchtigt. Die historischen Fenster sind in den Bädern und im Dachbereich als Einfachfenster, in allen anderen Räumen als Kastendoppelfenster ausgeführt. Durch mangelnde bauliche Unterhaltung waren Fenster und Türen erheblich beschädigt und zuvor nur notdürftig repariert worden. Die bauzeitlichen Fenster wurden sorgfältig aufgearbeitet und konnten erhalten werden.
Aktuelle Nutzung
Die ursprüngliche Grundrissstruktur des Schwesternwohnheims ist bis heute im Inneren des Gebäudes wiederzuerkennen: Gemeinschaftliche Sanitärräume und Küchen sind markantes Merkmal der historischen, aktuellen und auch künftigen Wohnheimnutzung. Zurzeit leben 40-50 Menschen im Hausprojekt des Vereins, neben diesem wird ein "internationales Gästezimmer" angeboten, das vor allem für Jugendliche aus anderen Ländern zu Verfügung steht. Der Trägerverein heißt inzwischen "Georg von Rauch-Haus Jugend- und Kulturzentrum Kreuzberg e.V." und arbeitet ohne staatliche Unterstützung d.h. der Verein zahlt Miete und Betriebskosten für die Räume im Rauchhaus, wie alle anderen Bewohner*innen des Hausprojektes.
Neben der Wohnnutzung stehen die Entwicklung der Hausgemeinschaft, die weitere Sanierung des Gebäudes und jugendkulturelle Veranstaltungen im Vordergrund. Vor allem aber sehen die Bewohner*innen darin ein Selbsthilfeprojekt für Jugendliche mit sozial schwachem Hintergrund.