![]() |
||||||
|
Leitlinien für die City WestDie Goldenen Zwanziger Jahre und die Zeit des Nationalsozialismus
Spätestens mit den „Goldenen Zwanzigern” des 20. Jahrhunderts entwickelten sich Kurfürstendamm und Tauentzienstraße zur Flaniermeile mit Cafés, Restaurants, Theatern, Filmhäusern, Läden und Galerien. Der Westen konkurrierte als Ort der Unterhaltung und Treffpunkt von Künstlern und Intellektuellen erfolgreich mit dem Potsdamer und dem Alexanderplatz.
EingemeindungAm 27. April 1920 ging die mehr als 40 Jahre dauernde Zeit des Stadtkreises Charlottenburg zu Ende. Charlottenburg wurde als 7. Verwaltungsbezirk in die neu gegründete Großstadt Berlin eingemeindet. Mit 325.000 Einwohnern (1920) war Charlottenburg der viertgrößte Bezirk Berlins.Neue Theater und KinosTrotz der wirtschaftlichen Krise nach dem Ende des Ersten Weltkriegs war die Situation in Charlottenburg relativ gut. Am Kurfürstendamm eröffnete Max Reinhardt 1924 die „Komödie” und 1930 in unmittelbarer Nachbarschaft das „Theater am Kurfürstendamm”. Weitere neue Theater waren die „Tribüne” (1919) und das „Renaissancetheater” (1922). Hinzu kamen die prunkvollen Lichtspielhäuser, wie der Union-Palast von 1913 (die spätere Filmbühne Wien), das Marmorhaus (1913), das Alhambra (1922), der Ufa-Palast am Zoo (1925), das Capitol (1925), der Gloria-Palast (1926) und das Universum-Kino von 1928 (die heutige Schaubühne am Lehniner Platz). Die neuen Häuser siedelten sich hier an, weil die Gegend um Gedächtniskirche, Zoo und Kurfürstendamm eine große Anziehungskraft entwickelte – und zehntausende Besucher anlockte.Konkurrent der historischen MitteDer Kurfürstendamm entwickelte sich in rasantem Tempo von einer vornehmen Wohnstraße des „Neuen Westens” zum Knotenpunkt von Vergnügen, Einkauf und Kultur. Seine Einrichtungen machten ihn zur Bühne bürgerlicher Selbstdarstellung und zum Ort des kulturellen Aufbruchs. Als solcher trat er bald in Konkurrenz zur alten Prachtstraße Unter den Linden. Diese Entwicklung erreichte während der Weimarer Republik ihren Höhepunkt, als der Kurfürstendamm für viele zum Synonym der Goldenen Zwanziger wurde und das weltoffene Berlin jener Zeit verkörperte.Zentrum der deutschen LiteraturDas Romanische Café an der Gedächtniskirche, dort wo heute das Europa-Center steht, wurde zum Treffpunkt einer Boheme von Literaten, Malern, Verlegern, Schauspielern und Intellektuellen. „Hier und im „Cafe des Westens” hat sich das abgespielt, was man heute rückblickend die deutsche Literaturszene im ersten Drittel unseres Jahrhunderts nennt”, schreibt der Schriftsteller Horst Krüger: „Hier sind sie alle ein- und ausgegangen: Else Lasker-Schüler ... und ihr Mann Herwart Walden, Klabund, Tucholsky, Kisch, Brecht, Kurt Hiller, Joseph Roth, Hermann Kesten, Gottfried Benn, Klaus Mann – wer noch ? Es war die ganze Epoche des Geistes versammelt. Ernst von Wolzogen hatte schon zuvor im „Größenwahn” sein „überbrettl” gegründet. Max Reinhardt konzipierte hier seine „Schall- und Rauchbühne”. Der „Sturm” wurde gegründet und die Zeitschrift „Aktion”. Nie zuvor, nie mehr danach hat das Caféhaus eine vergleichbare Rolle in der Kulturgeschichte der Deutschen gespielt: Dadaisten, Surrealisten, Linke und Konservative, Revolutionäre und Liberale, alle saßen hier – bis Hitler kam.”
Quelle: Horst Krüger, Der Kurfürstendamm. Glanz und Elend eines Boulevards, Hamburg 1982, S. 78f.
Der Neue Westen zur Zeit des NationalsozialismusIm Dritten Reich mit seinen vielfältigen Beschränkungen auf politischem und kulturellem Gebiet ergaben sich erhebliche Veränderungen. Den Olympischen Spielen verlieh der Kurfürstendamm 1936 mit seinem Flair noch internationalen Glanz. Was er repräsentierte aber stand im Gegensatz zur herrschenden Ideologie und wurde mehr und mehr reglementiert: intellektuelle Regsamkeit, internationale Verständigung, künstlerische Kreativität, Provokation, Freizügigkeit, Kommerz, Geist und Kultur. Mit der Vertreibung und Ermordung der Juden, die Erscheinungsbild und Ausstrahlungkraft des Kurfürstendamms mitgeprägt hatten, verschwand der alte Geist endgültig.Die Germania-Planungen des „Generalbauinspektors für die Reichshauptstadt” Albert Speer sahen für den Neuen Westen nur geringe Veränderungen vor. Erwähnenswert ist einzig der geplante Ausbau einer Ost-West-Achse vom Theodor-Heuss-Platz (damals von „Reichskanzlerplatz” in „Adolf-Hitler-Platz” umbenannt) über den Kaiserdamm, Ernst-Reuter-Platz (damals noch „Knie”), Straße des 17. Juni (damals Chausseestraße) und Großen Stern bis zum Brandenburger Tor und weiter nach Osten. |