Archiv: Hauptstadt Berlin - Dokumentation der Arbeitsphasen
Unterirdische Zufahrt
1999 - Unterirdisches Erschließungssystem des Deutschen Bundestages
Quelle: IBV Ingenieurbüro H. Vössing GmbH
Für den Lieferverkehr des Parlamentsviertels im Spreebogen wurde eine Lösung gefunden, die beiden Sichtweisen Rechnung trug. Die Baukommission des Deutschen Bundestages entschied sich für ein völlig neues Konzept - das Unterirdische Erschließungssystem (UES).
Es beruht auf dem Prinzip zentraler Anfahrt und unterirdischer, dezentraler Anlieferung mit integrierten Anlieferungszonen in den Untergeschossen der Bundesgebäude. Mit dem UES werden Stadt- und Regierungsverkehr entkoppelt. Zugleich entspricht es den strengen Sicherheitsanforderungen des Deutschen Bundestages. Kontrollanlagen im öffentlichen Raum rund um den Reichstag wurden damit vermieden, ebenso wie Tiefgaragenzufahrten in den umliegenden Straßen. Das Projekt wurde vom Bundestag in Eigenregie ausgeführt, berührte die Erschließungsmaßnahmen Berlins jedoch an zahlreichen Punkten.
Das UES ist die Nabelschnur des Parlamentsviertels. Den städtischen Verkehr berührt es nur an einer Stelle abseits der stark frequentierten Innenstadtbereiche: in der Adele-Schreiber-Krieger-Straße. Dort liegt die zentrale Kontrollstation, die Ein- und Ausfahrt für den Lieferverkehr. Von ihr führt ein Tunnel unter der Spree zu den unterirdischen Versorgungsstationen in den Kellergeschossen des Marie-Elisabeth-Lüders-, des Jakob-Kaiser- und des Paul-Löbe-Hauses sowie des Reichstagsgebäudes.
Der 4 Meter hohe Tunnel besteht aus zwei Fahrspuren, zwei Notwegen und einem Medientunnel, mit insgesamt über 8 Metern Breite. Der Tunnel ist mit sämtlichen modernen Sicherungssystemen ausgestattet. Der Tunnelkörper wurde in einer eigens als "Trockendock" ausgehobenen Baugrube montiert. Sie befand sich hinter dem Wohnblock an der Luisenstraße und war über eine Gleitbahn mit der Spree verbunden. Die einzelnen Segmente wurden als Schwimmkörper in der so genannten Caissonbauweise gefertigt und konnten so nacheinander in den Flusslauf eingezogen werden. Auf diese Weise wurde der Schiffsverkehr auf der Spree nur unwesentlich unterbrochen. Die weiteren Tunnel zu den Versorgungsstationen südlich des Spreeufers konnten in offener Bauweise erstellt werden.
Ebenfalls unsichtbar ist die Fußgängerverbindung zwischen Reichstag und Paul-Löbe-Haus. Die Abgeordneten gelangen unterirdisch von ihren Büros in den Plenarsaal. Der Tunnel zwischen den Gebäuden erhöht die Sicherheit der Parlamentarier erheblich, ohne sie dabei in ihrer Bewegungsfreiheit einzuschränken. Daneben existiert noch ein zweiter Fußgängertunnel vom Reichstagsgebäude zum Reichstagspräsidentenpalais. Das "Parlament der kurzen Wege" ist auch dank dieser besonderen, allerdings auch aufwendigen Bauweise Realität geworden. Für die Fußgänger und Besucher gibt es oberirdisch keine nennenswerten Einschränkungen.
1999 - Beräumung Luisenblock-West
1999 - Tunnelbau vor dem Reichstag
2007 - Adele-Schreiber-Krieger-Straße / Ecke Schiffbauerdamm
Foto: DSK, Arno Pluschke
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