„Alles, alles Gute für Euer neues Heim!“. Das wünscht die Bezirksbürgermeisterin von Charlottenburg-Wilmersdorf Kirstin Bauch am 20. Oktober 2022. In der Hand hält sie einen der beiden goldenen Schlüssel: natürlich selbst gebastelt aus Recyclingmaterial. An ihrer Seite der zuständige Jugendstadtrat Detlef Wagner mit dem zweiten Exemplar. Danah und Märy nehmen das Geschenk strahlend entgegen – stellvertretend für das gesamte Team von LiSA e.V., jenem Verein, der das Mädchenprojekt am Jakob-Kaiser-Platz pädagogisch betreut.
Die Schlüssel passen zur neuen „weißen Villa“, die damit offiziell eröffnet ist. Den Spitznamen für den Jackie-Club vergaben die Bewohnerinnen und Bewohner, die die spektakuläre Anlieferung eine Woche zuvor vom Fenster aus mit Spannung verfolgten. Ein riesiger Kran hatte millimetergenau die sechs Container-Blöcke auf den Spielplatz gehoben. Nun sind die Teile miteinander verschraubt, die Versorgungsleitungen angeschlossen und der „Spielbetrieb“ kann endlich beginnen.
Für die Fertigstellung des dazugehörigen Spiel- und Bolzplatzes und die Montage der Container unter hohem Zeitdruck gibt es viel Beifall von den Anwesenden. Viele davon kommen aus der Bezirkspolitik, dem Mieterbeirat und sozialen Einrichtungen. Kein Wunder, hat doch die Sanierung des Platzes samt der „weißen Villa“ über eine Million Euro gekostet. Das Geld dafür stammt aus dem Förderprogramm Nachhaltige Erneuerung bzw. Stadtumbau.
Die „Villa“ wird in wenigen Tagen eingeräumt sein. Angesichts der Vorlaufzeit von vier Jahren ist diese letzte Verzögerung leicht zu verschmerzen. In den vergangenen Monaten bewiesen die jungen Frauen von LiSA viel Improvisationstalent. Schließlich mussten sie mit ihren auf Mädchen zugeschnittenen Freizeitangeboten entweder in andere Jugendeinrichtungen ausweichen oder die Kinder von der Straße „abholen“. Wie viel Kraft das gekostet hat, wird in der Ansprache von Dinah und Märy deutlich. Sie nutzen die Gelegenheit für einen dringenden Appell an die Politik, nicht nur „schöne Jugendclubs auf schönen Plätzen zu bauen“, sondern auch die Arbeit der Pädagoginnen mehr wertzuschätzen und die Perspektiven für die Jugendarbeit durch längere Projektlaufzeiten zu verbessern. Einige Kolleginnen hätten sich beruflich umorientiert, weil die vorläufige Haushaltswirtschaft im ersten Halbjahr 2022 die Weiterfinanzierung des Projekts gefährdete. Detlef Wagner bedauerte dies sehr und versicherte zugleich, dass die Gelder für 2023 bereits bewilligt wären. Für ihn sei dieser Platz ein ganz besonderer. „Andere Stadtteile blicken mit Neid nach Charlottenburg-Nord“, so Wagner, denn solch ein spezielles Bewegungs- und Betreuungsangebot für Mädchen suche noch seinesgleichen.
Nach der Schlüsselübergabe gab es ein kleines Dankeschön an die Baufirmen Fehmer und CONZEPT Container Modulbau & Handel GmbH. Die Gebietsbeauftrage Nadine Fehlert übergab zudem Blumensträuße an die Landschaftsarchitektin Andrea Schirmer und an Reinhold Just vom Grünflächenamt. Letzterer hatte noch einmal viel Herzblut in dieses letzte Projekt seiner beruflichen Laufbahn gesteckt. Andrea Schirmer wiederum hatte bei der Planung viele Wünsche der Kinder berücksichtigt und deren Beteiligungsrunden persönlich begleitet. So gibt es jetzt vor der zweistöckigen Villa eine Tanzfläche und drumherum Liegen, Bänke, Schaukeln und zwei Picknick-Tische. Alles wird seit Mai 2022 schon intensiv genutzt – ebenso wie der Bolzplatz. Dicht umlagert ist an den Nachmittagen zudem der leuchtend-grüne DNA-Tower. Das Klettergerüst stellt eine Doppelhelix dar und bietet zahlreiche Möglichkeiten, in die Höhe zu steigen und am Schluss mit Tempo die Rutsche hinab in den Sandkasten zu rauschen.
Der Clou der Freizeitanlage ist jedoch die „weiße Villa“. Früher stand hier nur ein Bauwagen ohne Strom, Toiletten und Wasser. Nun verfügt der Mädchentreff Jackie über einen Raum zum Basteln und Spielen, einen Besprechungsraum, eine Küche und zwei kleine Lagerräume. Darüber befindet sich eine teilüberdachte Terrasse aus Holz: gut geeignet für Yoga, Gymnastik oder einfach zum Sonnen. Das Gebäude ist mit einer modernen Klima-Anlage und WLAN ausgestattet und hat sogar ein rollstuhlgerechtes WC. Auf dessen Dach wächst bereits die Dachbegrünung und ganz oben wird demnächst eine Solar-Anlage installiert, die Strom für das Gebäude erzeugen soll.
Nun aber, in den bevorstehenden Herbstferien, bereiten sich die Mädchen aus dem Kiez auf das Halloween-Fest vor und sammeln Ideen für die Fassadengestaltung. Denn weiß bleibt sie keinesfalls – zu bunt ist das nun endlich ganzjährige Angebot dahinter. Aber „bunte Villa“ wäre doch auch schön….