Gegenüber der Kita Bewegungsreich am östlichen Ende der Promenade im Mühlenkiez steht das Bronzekunstwerk "Drei Grazien" auf einem kleinen Quartiersplatz. Ein idealer Treffpunkt für die Nachbarschaft, doch er lag meist verlassen da, denn Angebote gab es praktisch nicht mehr. Auch der Bolzplatz nebenan war unbrauchbar geworden.
Am 13. Mai 2022 zeigte sich nach neun Monaten Bauzeit ein ganz anderes, fröhliches Bild: Zur Einweihungsfeier des sanierten und neu gestalteten Mehrgenerationen-Platzes trafen sich hier Jung und Alt, Menschen mit und ohne Behinderung. Eingeladen hatte das Bezirksamt Pankow, das die Neugestaltung mit 1,26 Millionen Euro aus dem Programm Nachhaltige Erneuerung beauftragt hatte.
Die beiden zuständigen Stadträtinnen Rona Tietje (Stadtentwicklung und Bürgerdienste) und Manuela Anders-Granitzki (Ordnung und Öffentlicher Raum) freuten sich über das gelungene Fest, das von der Planergemeinschaft eG als Gebietsbeauftragter organisiert wurde. Kuchen und Kaffee vom Kaffee-Mobil, Torwandschießen und Fußball-Workshops der SG Prenzlauer Berg, Saxophonklänge und gleich drei verschiedene Ausstellungen lockten viele Menschen an.
Sowohl die Calisthenics-Anlage als auch die Tischtennisplatten waren immer belegt, wie auch das Kugellabyrinth im Großformat, das neben Geschick auch eine ganze Menge Kraft verlangt und besonders bei den Älteren hoch im Kurs stand. Die Podeste, aufgeschichtet aus unterschiedlichen Stein-Quadern, bewährten sich zum Fest als Sitzflächen, können aber auch als sportliche Herausforderung dienen. Die Slackline ist anspruchsvoll und will in Ruhe erprobt werden, genauso wie die Spieltische mit eingravierten Brettspielen.
Trotz der vielen Angebote ist der Platz schattig und grün geblieben, die großen Betonplatten sind verschwunden, bis auf solche, die als Bodenbelag der Tischtennisfläche eine neue Verwendung fanden. Niederschlag kann nun besser in den Beeten und auf der Liegewiese versickern, wo es die Aussaat wegen des trockenen Frühjahrs allerdings schwer hat und deshalb noch durch Bauzäune geschützt wird.
Die Zäune hatten auch einen Vorteil: Gleich drei verschiedene Ausstellungen waren daran befestigt: unter anderem zur Grün- und Freiflächenkonzeption für das Fördergebiet, das vom Büro Schönherr Landschaftsarchitekten im Auftrag des Bezirks erarbeitet wurde. Einige Bausteine des Konzepts sind schon umgesetzt, z.B. die rund 40 neuen Bänke, der Spielplatz an der Thomas-Mann-Straße und der Bolzplatz an der Hanns-Eisler-Straße 6. Der Einsteinpark soll voraussichtlich noch in diesem Jahr fertiggestellt werden.
Doch das ist noch lange nicht alles, wie Stadträtin Anders-Granitzki versprach: Sowohl die Promenade nördlich der Michelangelostraße als auch die Schlagader des Mühlenkiezes, die Mittelpromenade mit dem Brunnenplatz, werden in absehbarer Zeit neu gestaltet. Die Planungen dafür beginnen im kommenden Jahr.
Die Nachbarschaft scheint den neu gestalteten Platz dankbar anzunehmen, auch weil er seine alte Identität bewahrt hat. Die Menschen wurden trotz der schwierigen Bedingungen während der Pandemie im Juni 2020 direkt vor Ort gefragt und in die Planung einbezogen. Dabei entstand unter anderem die Idee, mit Kindern Nistkästen für die Fläche zu bauen. In den Herbstferien 2021 setzten der Freizeitbereich der Paul-Lincke-Grundschule und das Team der Planergemeinschaft diese Idee um. Nun können die Kinder in Ihrer Nachbarschaft beobachten, was in den Vogelwohnungen passiert.
Wie so ein Nachbarschaftsplatz auch genutzt werden kann, zeigte die Initiative "Platz sucht Identität" (PsI). Darin haben sich Institutionen, Vereine, Künstlerinnen und Künstler und Menschen aus der Nachbarschaft zusammengeschlossen, um – ausgehend von der Geschichte des Widerstandskämpfers Wilhelm Blank und seiner Frau Emmi – die Geschichten und Geschichte des Kiezes zu ergründen, weiter zu erzählen und damit die Nachbarschaft zu stärken. Dazu veranstalten sie regelmäßige KulturTage. Die Ausgabe #9 war das Eröffnungsfest auf dem Drei-Grazien-Platz, auf dem sie an einem Stand und in der Zaunausstellung von ihrer Arbeit berichteten.
Zur Initiative "Platz sucht Identität" gehört auch das RambaZamba-Theater, dessen Darsteller:innen mit Assistenzbedarf von der Pandemie besonders schwer betroffenen waren. Sie schufen nach einem Konzept des Künstlers Philipp Köhler im Rahmen des von der Heidehof-Stiftung geförderten Projekts "Nähe trotz Abstand" Kunstwerke zum Thema Namen. Den Entstehungsprozess konnte man in der dritten Ausstellung verfolgen. Die entstandenen Grafiken in wasserfester Tusche flatterten auf Bettlaken an einer langen Leine im Wind. Nochmals ausgestellt werden sie auf jeden Fall, wenn der namenlose (Storkower) Platz, den Namen von Wilhelm und Emmi Blank verliehen bekommt. Am 3. Juli findet dort der KulturTag #10 statt.