16 neue Stadtquartiere sind in Berlin geplant: von der Neuen Mitte Tempelhof mit 500 bis zum Schumacher Quartier mit rund 5.600 Wohnungen. Diese sollen auf dem Gelände des stillgelegten Flughafens Tegel entstehen, ganz im Osten, angrenzend an den Kurt-Schumacher-Platz.
Auch der große Rest des etwa 700 Fußballplätze bzw. 500 Hektar umfassenden Areals ist ganz auf die Stadt von morgen ausgerichtet: In und um das denkmalgeschützte sechseckige Flughafen-Terminal A wird die Berliner Hochschule für Technik einen Campus für ihren Kompetenz-Cluster Urbane Technologien mit Studiengängen wie Phytotechnologie, Erneuerbare Energien oder Elektromobilität einrichten. Sie ist der Wachstumskern der Urban Tech Republic – einem Forschungs- und Industriepark mit zukünftig bis zu 5.000 Studierenden sowie 1.000 kleinen und großen Unternehmen mit 20.000 Beschäftigen.
Verantwortlich dafür und für viele weitere Aspekte rund um den ehemaligen Flughafen sind die Senatsverwaltung für Stadtentwicklung, Bauen und Wohnen und das kommunale Unternehmen des Landes Berlin, die Tegel Projekt GmbH. Diese hat das Gelände mit allem, was dort fest eingebaut war, im August 2021 übernommen.
Am Tag der Städtebauförderung, dem 14. Mai, führte Maren Krause vom Museumspädagogischen Dienst im Auftrag von Tegel Projekt zwei rund fünfzehnköpfige Gruppen über das riesige, scheinbar brach liegende Gelände. Mit dabei waren Susanne Schätzler und Karolin Kabelitz von der Beratungsgesellschaft für Stadterneuerung und Modernisierung mbH (BSM). Die BSM wurde vom Bezirksamt Reinickendorf mit der Betreuung des Fördergebietes der Nachhaltigen Erneuerung "Umfeld TXL" beauftragt.
Frau Schätzler und Frau Kabelitz stellten den Gästen das Förderprogramm und sein Wirken im Umfeld TXL vor, dem zweitjüngsten Gebiet in der Berliner Förderkulisse. Denn die Zukunftsstadt soll möglichst eng mit den bestehenden Kiezen in Reinickendorf verknüpft werden. Profitieren sollen sowohl alteingesessene als auch neue Bewohnerinnen und Bewohner.
Erste Projekte im Umfeld sind schon angelaufen: Dazu gehören das geplante neue Jugend- und Stadtteilzentrum in der Auguste-Victoria-Allee sowie die nachhaltige Entwicklung des Flughafensees. In diesem Jahr soll der Bau der neuen Mensa für die Mark-Twain-Grundschule beginnen. 2023 ist ein Architektur-Wettbewerb für ein Kultur- und Bildungszentrums am Standort der heutigen Stadtteilbibliothek in der Auguste-Victoria-Allee geplant. Der Neubau wird der Bibliothek mehr Platz bieten, außerdem sind dort Räume für Volkshochschule, Musikschule und eine Galerie vorgesehen. Ein langfristiger Schwerpunkt ist die Umgestaltung von Teilbereichen des Kurt-Schumacher-Platzes.
Von all dem ist von der zugigen Landebahn aus nichts zu sehen. Auch die 50 Skuddenschafe, die fleißig kauend die Grasflächen auf dem Rollfeld beweiden, zeigen sich nicht. Dafür betreten die Gäste den großen Hangar. In der komplett leeren, 20 Meter hohen und 100 Meter breiten Halle konnten drei Boeings gleichzeitig gewartet werden. Die Akustik ist beeindruckend, doch kein Techno-Tempel wird hier einziehen, sondern die Berliner Feuerwehr- und Rettungsdienste-Akademie mit ihrer neuen Einsatz-Übungshalle.
Andere Unternehmen haben schon verschiedene Nebengebäude für Zwischennutzungen bezogen. Unter anderem gibt es viel Platz zum Testen von autonomen Fahrzeugen. Terminal C wird ab 2023 zwischen-vermietet, z. B. für Start-Ups im Bereich der Materialforschung. In der Zukunftsstadt könnten zum Beispiel große hölzerne Bauteile aus dem 3-D-Drucker kommen, eine von vielen Zukunftsvisionen.
Mit der Urban Tech Republic soll hier ein im wahrsten Sinne riesiges Experimentierfeld entstehen, mit intensivem Austausch zwischen Forschung, Start Ups, Gewerbe und Industrie. Im Fokus des Innovationsparks steht, was die wachsenden Metropolen des 21. Jahrhunderts am Leben erhält, etwa klimaneutrale Energiesysteme, umweltschonende Mobilität, sauberes Wasser, der Einsatz neuer Materialien oder die vernetzte Steuerung von Systemen.
All dies sind auch Elemente, die im benachbarten Schumacher Quartier zum Tragen kommen. Die mehr als 10.000 künftigen Bewohnerinnen und Bewohnen werden in einem autoarmen, mit nachhaltigen Baustoffen errichteten und wassersensiblen Quartier leben – ausgestattet mit einem autarkem Wärme-Kälte-System, einer leistungsstarken digitalen Infrastruktur und viel Platz für Freizeit und Erholung. Das Schumacher Quartier ist als klimaneutrales Modellquartier konzipiert – eine große Herausforderung und riesige Chance für die gesamte Region.
Das Holz für das nachhaltig geplante Schumacher Quartier wächst noch in den Brandenburger Wäldern. Es sind Kiefern-Monokulturen der Berliner Forsten, die schrittweise zu Mischwald umgebaut werden. Die überzähligen Kiefern möchte sich Tegel Projekt als Baustoff sichern, um den Traum des weltweit größten urbanen Holzbauquartiers wahr werden zu lassen. Die zu mindestens 50 Prozent aus Holz bestehenden Gebäude im Schumacher Quartier werden ergänzt durch Gründächer und -fassaden. Statt Parkplätze soll es Gemeinschafts-Beete vor den Häusern geben. Hier werden sich auch Tiere wohlfühlen: Durch die Anwendung des sogenannten Animal Aided Designs werden ideale Bedingungen für bestimmte Tierarten, darunter Eichhörnchen, Turmfalken oder Fledermäuse, geschaffen.
Die Lerchen fühlen sich schon jetzt auf dem stillen, mit Gras und Kräutern bewachsenen Gelände äußerst wohl. Noch sind sie hier fast allein, doch nach der aktuell laufenden Munitions-Bereinigung sollen große Bereiche des ehemaligen Rollfelds Schritt für Schritt für die Öffentlichkeit zugänglich werden. Die Gäste der Führung können das Erlebnis der leeren Landebahnen mit den verbliebenen Leuchten, Zeichen und Tafeln auf jeden Fall empfehlen, wie auch die Spaziergänge, die jeden Samstag und Sonntag 12 und 14 Uhr angeboten werden. Mehr dazu auf der Website https://www.berlintxl.de/service/fuehrungen