Jedes Jahr an einem Juni-Wochenende organisiert Berlins Architektenkammer ein umfangreiches Programm für die Stadt. Viele Berlinerinnen und Berliner haben diesen Termin fest im Kalender, denn an den beiden Tagen zeigen Planer:innen und Fachleute aus der Architektur ihre neuesten Projekte. Auch 2022 erfreuten sich die diversen Führungen großer Nachfrage trotz der sagenhaften Hitze. Auf der Agenda standen Besichtigungen von neu gestalteten Parks oder gerade fertig gestellten Bauten. Zudem luden Architekturbüros zum Tag der offenen Tür. Für interessierte Laien bot also dieses Wochenende erneut Gelegenheit, hinter die Kulissen zu schauen und ihre Stadt aus einer anderen Perspektive kennen zu lernen.
Es versteht sich von selbst, dass alljährlich auch Projekte, die über die Förderprogramme Stadtumbau und Nachhaltige Erneuerung finanziert wurden, mit „von der Partie“ sind. Eines sei an dieser Stelle beispielhaft für die 16 Fördergebiete herausgegriffen: die Paradiesgärten in Marzahn-Hellersdorf. Sie als die „Kleinen Gärten der Welt“ zu bezeichnen, scheint durchaus erlaubt. Schließlich entdeckt man auch in ihnen beim genauen Hinsehen Einflüsse aus verschiedenen Teilen der Erde.
Jeder der drei Gärten ist für sich allein eine Exkursion wert – insbesondere für Menschen aus der überfüllten Innenstadt. Hier im grünen Bezirk des Ostens reihen sich die Grünzüge aneinander wie an einer Perlenschnur. Die meisten von ihnen gibt es deshalb, weil dafür viel Geld aus dem Stadtumbau-Programm in die Hand genommen wurde.
Hinter dieser sehenswerten Bilanz stehen Menschen wie Sabine Antony und Sven Hanczuch, die seit vielen Jahren mit den Fachbereichen (hier z.B. Jessica Neumann vom Grünflächenamt) an einem Strang ziehen und auch junge Beschäftigte in der Verwaltung sowie Planende und Baufachleute dafür begeistern, dem Bezirk einen nachhaltigen Stempel aufzudrücken.
Auch Susanne Schnorbusch und Susanne Yacoub[1] sieht man die Begeisterung für ihr Projekt an. Mit großer Empathie und vielen unterschiedlichen Beteiligten gestalteten sie die drei Paradiesgärten. Die befinden sich in der Nähe von Einrichtungen für Geflüchtete und waren jedes Mal ein Impuls für weitere landschaftsgestaltende Maßnahmen aus dem Bezirkshaushalt.
Sie sind zudem Anlass für Begegnungen. Da saßen Geflüchtete mit Studierenden des benachbarten Kollegs zusammen am Planungstisch, da grübeln Alteingesessene mit Neuankömmlingen über einen Bewässerungsrhythmus und da zeigen Schulkinder den Senioren, wie man aus Kernen Samen zieht. Nach der ersten Vegetationsphase ist nun im Sommer 2022 zu sehen, dass die Idee der interkulturellen Gemeinschaftsgärten funktioniert. Erstaunlich, wie gut das meiste angewachsen ist und sich in die Landschaft einfügt – auch dank der intensiven Unterstützung vom bezirklichen Grünflächenamt.
Den Paradiesvogel mit seinem positiven Image in vielen Kulturen findet man als Element sowohl im Sonnen-, im Nasch- als auch im Panoramagarten. An den drei Orten wechseln sich Areale zur Bewegung, zum Gärtnern und zur Erholung ab. Überall arbeiten die Gruppen an Konzepten zur gemeinsamen Pflege, bestreiten Workshops für nachhaltiges Gärtnen oder organisieren Nachmittage am Schachtisch, am Spielplatz oder am neuen Baumpfad rund um den Bruno-Baum-Grünzug[2]. Jedes dieser durchdachten und in mehreren Beteiligungsrunden besprochenen Details zu beschreiben, bräuchte noch viele Zeilen mehr. Doch keine noch so bildreiche Sprache könnte abbilden, was man riechen, schmecken, fühlen oder mit den Fußsohlen ertasten kann.
So bleibt als Fazit die dringende Empfehlung, sich per Rad oder per pedes auf den Weg zu machen, den Paradiesvogel zu suchen und die abwechslungsreiche Landschaft an der Schnittstelle zwischen Urstromtal und dem Barnim einmal genauer unter die Lupe zu nehmen. Einen Vorgeschmack bieten diese Videoclips von Susanne Yacoub. Ein guter Anlass wäre übrigens die Wieder-Eröffnung der neu gestalteten Spiellandschaft Murtzaner Ring am 11. Juli. Auch diese ist – wie sollte es auch anders sein – ein besonderes Projekt, finanziert über Fördermittel aus dem Programm Nachhaltige Erneuerung.
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[1] ARGE Su Schnorbusch Architekten & Landschaftsarchitektur + Video (Susanne Yacoub)
[2] Der weitläufige, abwechslungsreiche Bruno-Baum-Grünzug mit Baum-Lehrpad, Wanderweg, Spiel- und Fitnessplatz wurde vom Straßen- und Grünflächenamt gestaltet.