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Archiv: Berliner Baukonjunktur
Bericht Berliner Bauwirtschaft 2/1999
Vierteljahresbericht über die Entwicklung
der Berliner Bauwirtschaft 2/1999
(publiziert im September 1999)
1. Auftragslage
Nach der deutlichen Rückläufigkeit im 1. Vierteljahr 1999 hat sich die Auftragssituation für das Berliner Bauhauptgewerbe auch im 2. Quartal d.J. weiter abgeschwächt. Im Berichtszeitraum konnten die Bauunternehmen lediglich Auftragseingänge verbuchen, die um 21,8 % niedriger lagen als im vergleichbaren zweiten Quartal des Vorjahres. Besonders gravierend fiel der Auftragsrückgang im gewerblichen Hochbau und bei den Wohnungsbauaufträgen auf. Gewerbliche Tiefbauaufträge nahmen im Berichtszeitraum um 40,0 % zu, sie konnten aber die Bestelltätigkeit im gesamten Tiefbau nicht kompensieren. Straßenbauaufträge gingen um 5,2 % und sonstige Tiefbauaufträge um 22,5 % zurück.
In den ersten sechs Monaten des Jahres 1999 stellt sich somit insgesamt eine deutlich verschlechterte Auftragslage für das Berliner Bauhauptgewerbe dar. Die Unternehmen verzeichneten im 1. Halbjahr um 22,5 % geringere Auftragseingänge, Hochbaufirmen mussten Abstriche in Höhe von 28,2 % machen und Berliner Tiefbaubetriebe verbuchten um 6,7 % weniger Aufträge als in den ersten 6 Monaten des Jahres 1998. Der gewerbliche Tiefbau war mit einem Zuwachs von 47,5 % der stabilisierende Faktor.
Die Auftragsbestände bewegten sich trotz der schwachen Bestelltätigkeit zur Jahresmitte auf einem ziemlich konstanten Niveau von 3,9 Mrd. DM. Verglichen mit dem Bestand zur Mitte des Jahres 1998 ergibt sich allerdings ein erheblicher Rückstand in Höhe von 32,5 %, da im 2. Quartal 1998 die Auftragsbestände erheblich angewachsen waren (30. 06. 1998: 5,8 Mrd. DM). Bei diesem Basiseffekt kann es sich auch um eine statistische Übererfassung aus dem gewerblichen Bau handeln, der ausschließlich für den 30. 06. 1998 extreme Auftragswerte ausweist.
Die Ursachen für die abgeschwächte Auftragslage im Berliner Bauhauptgewerbe sind vor allem auf eine rückläufige Baunachfrage im Zuge des allmählich abklingenden Hauptstadtbooms zurückzuführen. Aber auch andere, nicht in Berlin ansässige Baubetriebe, haben inzwischen einen gewissen Marktanteil am Berliner Baugeschehen erzielt. Nicht zuletzt sind auch Berliner Bauunternehmen ins Umland abgewandert und haben ihre Geschäftsbeziehungen zu Berliner Kunden zum großen Teil aufrechterhalten können.
Die rückläufige Tendenz der Bauabsichten von Investoren und Bauherren - wie sie aus der Statistik der Baugenehmigungen zu ersehen ist - hält unvermindert an. Im ersten Halbjahr 1999 erteilten die Berliner Bauaufsichtsämter, gemessen am umbauten Raum, um 11,0 % weniger Baugenehmigungen als in dem entsprechenden Vorjahreszeitraum. Eine stark rückläufige Entwicklung ist bei Wohnungsbauten sowie bei industriellen und gewerblichen Gebäuden festzustellen. In Anbetracht der Sättigungstendenzen auf dem Wohnungs- und Büroflächenmarkt ist das keine unerwartete Erscheinung.
Einen Lichtblick zeigt die baugewerbliche Entwicklung im Berliner Handwerk. Die Handwerkskammer Berlin berichtet für das 2. Vierteljahr, dass sich die Auftragssituation im Vergleich zum Vorjahresquartal sowohl im bauhauptgewerblichen Bereich als auch im Ausbaugewerbe günstiger entwickelte. Die Auftragsbestände erhöhten sich sowohl im Bauhauptgewerbe als auch im Ausbaugewerbe um 0,6 Wochen.

2. Bautätigkeit
Die Bautätigkeit hat sich im 2. Vierteljahr 1999 erneut abgeschwächt. Gemessen an den geleisteten Arbeitsstunden ist die Leistung der Berliner Bauarbeiter im Betrachtungszeitraum des 2. Vierteljahres gegenüber dem entsprechenden Vorjahresquartal um 11,5 % zurückgegangen. Besonders stark haben sich die Aktivitäten im gewerblichen Hochbau (- 22,4 %) und im Ingenieurtiefbau der öffentlichen Hand abgeschwächt (- 19,3 %). Im Wohnungsbau fiel dagegen die Rückläufigkeit mit 3,4 % relativ moderat aus.
Über das gesamte 1. Halbjahr 1999 gesehen waren alle Bausparten von der Rückläufigkeit betroffen. Von Januar bis Juni 1999 wurden insgesamt um 13,4 % weniger Arbeitsstunden im Bauhauptgewerbe geleistet als vor Jahresfrist. Die im Wohnungsbau tätigen Betriebe waren mit einer Abnahme von 2,8 % weniger betroffen als die gesamte Branche. Auch im öffentlichen Hochbau fiel der Rückstand zum Vorjahr mit 5,8 % recht gering aus. Somit wurden die Tiefbaufirmen stärker betroffen als die im Hochbau tätigen Betriebe.
Der Personalstand im Berliner Bauhauptgewerbe sinkt weiter. Die Beschäftigtenzahlen lagen im Juni 1999 um 13,7 % unter dem Vorjahresniveau. Am 30. Juni 1999 waren 35 495 Beschäftigte (einschl. Inhaber und mithelfende Familienangehörige sowie Auszubildende) im Berliner Bauhauptgewerbe tätig. Das sind 5 700 Personen weniger als ein Jahr zuvor. Der Abwärtstrend hat sich somit, wenn auch in abgeschwächter Form, fortgesetzt.
Entsprechend dem Beschäftigtenrückgang und der verminderten Arbeitsleistung sind auch die Umsatzzahlen ins Minus gerutscht. Im 1. Halbjahr 1999 verbuchten die Berliner Unternehmen um 17,0 % niedrigere Umsätze als im vergleichbaren Zeitraum des Vorjahres.
Im bauhauptgewerblichen Handwerk hingegen hat sich die Zahl der Beschäftigten im Berichtsquartal um 2 % erhöht. Im Ausbaugewerbe entwickelte sich die Beschäftigungssituation ebenfalls mit 0,6 % positiver als in den Jahren zuvor.

3. Preissituation
Die Preise für Bauleistungen sanken im zweiten Quartal 1999 nach Feststellungen des Statistischen Landesamtes auf den tiefsten Stand seit der Umstellung auf das aktuelle Basisjahr 1995 = 100. Der Preisindex für den Neubau von Wohngebäuden ging im Vorjahresvergleich um 3,2 % zurück; er erreichte eine Ziffer von 95,2 (Basis 1995 =100). Gegenüber dem vergleichbaren Monat des Vorjahres ist das eine Minderung um 1,0 %. Für Bürogebäude errechnete das Statistische Landesamt im Vorjahresvergleich einen Preisrückgang um 2,6 %; der Index erreichte hier einen Stand von 96,6 (Basis 1995=100). Der Preisindex für gewerbliche Betriebsgebäude betrug ebenfalls 96,6 (Basis 1995=100); er verringerte sich damit gegenüber Mai 1998 um 2,5 %. Bei Schönheitsreparaturen in Wohnungen gingen die Preise im Mai 1999 um 4,3 % gegenüber dem vergleichbaren Vorjahreszeitraum zurück.
Der Teilindex für Rohbauarbeiten (Neubau von Wohngebäuden), der mit einer Gewichtung von 50 % in die Berechnung eingeht, sank gegenüber Mai 1998 überproportional, und zwar um 4,3 %. Er erreichte einen Stand von 91,7 (Basis 1995 = 100), was auf massive Preiseinbrüche bei Gerüstarbeiten (- 13,0 %), Erdarbeiten (- 7,2 %) sowie bei Mauerarbeiten (- 5,8 %) zurückzuführen ist. Die übrigen Bauleistungen dieses Teilindexes wiesen Preisrückgänge zwischen 3,3 % (Beton- und Stahlbetonarbeiten) und 0,7 % (Verbauarbeiten) aus.
Der Wohngebäude-Teilindex für Ausbauarbeiten, der mit einer Gewichtung von ebenfalls 50 % in die Berechnung einfließt, sank im Mai 1999 weniger stark als der Gesamtindex, und zwar nur um 2,1 %. Es wurden sogar einige Preissteigerungen registriert. Die Preise bei Verglasungsarbeiten erhöhten sich um 4,3 %, bei Förder-, Aufzugsanlagen, Fahrtreppen- und -steige um 1,5 %, bei Tischlerarbeiten um 1,2 %, bei Gebäudeautomation um 0,8 % und bei elektrischen Kabel- und Leitungsanlagen um 0,4 %. Für die übrigen in diesem Teilindex eingehenden Bauleistungen wurden Preisrückgänge festgestellt. Hier waren Blitzschutzanlagen mit - 10,1 %, Fliesen- und Plattenarbeiten mit - 8,5 %, Maler- und Lackiererarbeiten mit - 5,8 %, Betonwerksteinarbeiten mit - 5,2 % sowie Estricharbeiten und Raumlufttechnische Anlagen mit jeweils - 5,1 % betroffen.
Ein deutlich größerer Preisrückgang als im Hochbau konnte bei dem für Berlin typi-schen Index aller Tiefbauleistungen festgestellt werden; er betrug 89,5 (Basis 1995 = 100) und lag damit um 4,0 % unter dem Vergleichswert des Vorjahres. Im Leitungsbau gaben die Preise sogar um 3,6 % nach; im Straßenbau und im Ingenieurbau gingen sie um 6,0 % bzw. 3,0 % zurück.
Im Durchschnitt aller Bundesländer sind die Preise für Bauleistungen an Wohngebäuden (Neubau) im Mai 1998 um 0,8 % gegenüber dem Vorjahr gesunken.
Die Preise auf dem Baustoffsektor zeigten durchweg eine sehr geringe Bewegung. Im 2. Vierteljahr 1999 wurden Preisnachlässe bei Kiessand (- 15,4 %), Betonstahl (- 13,3 %) und bei bituminösen Mischgut mit - 6,0 % registriert. Sowohl Preisnachlässe als auch Preiserhöhungen wurden bei Holz zwischen - 4,3 % bis + 34,1 % verzeichnet. Aufgrund des seit 1. April 1999 in Kraft getretenen Gesetzes zum Einstieg in die ökologische Steuerreform und der damit erhobenen Abgaben weisen die Preise für Dieselkraftstoff im Vergleich zum vorherigen Quartal mit + 11,9 % eine steigende Tendenz auf. Ebenso erhöhte sich der Preis für leichtes Heizöl um + 17,4 %. Der Anstieg des Kupferpreises setzte sich seit Anfang April weiter fort. Er erhöhte sich im Berichtszeitraum gegenüber dem ersten Quartal 1999 um 10,2 %.

4. Arbeitsmarkt
Die Zahl der arbeitslosen Bauarbeiter nimmt saisonbedingt zwar ab, im Vorjahresvergleich stagniert sie jedoch weitestgehend.
Innerhalb des Monats Juni hat sich die Zahl der arbeitslosen Bauarbeiter um 1 215 verringert, nachdem sie bereits im April und Mai um 1 083 bzw. 1 467 zurückgegangen war. Im Vergleich zum Vorjahr zeigt die Entwicklung des Arbeitsmarktes im Baugewerbe mit einer Arbeitslosenquote von 24,9 % nahezu einen Gleichstand.Insgesamt stellt sich zum Monatsende die Arbeitsmarktsituation wie folgt dar:
Arbeitsmarktdaten am 30. Juni
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1998 |
1999 |
Arbeitslose Bauarbeiter |
25 456 (25,0 %) |
25 448 (24,9 %) |
Offene Stellen |
951 |
637 |
Die Nachfrage nach Arbeitskräften, gemessen an den bei den Arbeitsämtern gemeldeten offenen Stellen, ist im Vergleich zum Vorjahr aber rückläufig. Die Gesuche dürften sich nach wie vor ausschließlich auf Fachkräfte richten. Im ersten Halbjahr 1999 ist saisonbedingt ein Rückgang bei der Kurzarbeit zu verzeichnen. Am 30. Juni 1999 arbeiteten 1 254 Bauleute verkürzt, vor drei Monaten waren es noch 2 311.

5. Ausschreibungsergebnisse
Trotz Absenkung der im Haushalt 1999 verfügbaren Baumittel ist eine forcierte und intensive öffentliche Auftragsvergabe im ersten Halbjahr festzustellen. Das liegt zum einen daran, dass die Baudienststellen bemüht sind, im Interesse einer vollständigen Mittelausschöpfung die Aufträge frühzeitig zu binden, zum anderen daran, dass wesentlich mehr kleinteilige Aufträge vergeben worden sind.
Die Anzahl der Vergaben gegenüber dem ersten Quartal 1999 haben sich geradezu verdoppelt und gegenüber dem vergleichbaren Vorjahresquartal nahezu verdreifacht. Die Auftragswerte wurden dabei zwangsläufig deutlich reduziert. Mit dieser Intensivierung und vermehrten gewerksweisen Vergabetätigkeit ist eine verstärkte Teilnahme kleinerer und mittlerer Unternehmen am Wettbewerb verbunden.
Nach Darstellung von vorwiegend handwerklich orientierten Unternehmen des Klein- und Mittelstandes ist eine leichte Tendenzveränderung der konjunkturellen Lage anhand von höheren Kapazitätsausnutzungen, erhöhten Auftragswerten und verlängerten Auftragsreichweiten erkennbar.
Anders als die amtliche Statistik deuten die Ausschreibungsergebnisse darauf hin, dass der noch im ersten Quartal 1999 zu beobachtende Preisverfall bei den Rohbauarbeiten sich im zweiten Quartal in einzelnen Gewerken erheblich abgeschwächt hat bzw. auf gleichem Niveau nahezu verharrt.
Der Ausbaubereich ist auch im zweiten Quartal 1999 durch leichte Preisrückgänge gekennzeichnet, wobei die im ersten Quartal 1999 beobachteten Preissenkungen einzelner Bauleistungen im zweiten Quartal wieder ausgeglichen wurden. Für Tiefbauleistungen und insbesondere bei Straßenbauleistungen gaben die Preise, wie bereits in den Vorquartalen festgestellt, auch im zweiten Quartal 1999 nach.
Der anhaltende Wettbewerbsdruck führte besonders in diesem Bereich zu Angebotspreisen, deren Angemessenheit oftmals in Frage gestellt werden musste. Die Auswertung der Angebote und die bisherigen Erfahrungen der "Arbeitsgruppe Kalkulation" bei Vergabeverfahren des Landes Berlin zeigen, dass Niedrigangebote oftmals dadurch erzielt werden, dass der kalkulierte Zeitaufwand für die Teilleistung so gering angesetzt wird, dass die Leistung arbeitstechnisch nicht fachgerecht und in vollem Umfang zu erstellen wäre. Bei Niedrigangeboten liegt daher z.T. die Vermutung weiterhin nahe, dass letztendlich Billiglohnkräfte zum Einsatz kommen und mit einer mangelhaften Ausführung zu rechnen ist. Auch die Insolvenzgefahr der Bieter und die damit häufig verbundenen Mehrkosten für den Auftraggeber sind nicht auszuschließen.

6. Ausschöpfung der Haushaltsmittel(einschließlich Unterhaltungsmaßnahmen sowie Auftragsverwaltung des Bundesministers für Verkehr)
Ende Juni 1999 standen 178,8 Mio. DM weniger Haushaltsmittel für Hochbaumaßnahmen zur Verfügung als zur gleichen Zeit des Vorjahres. Einschließlich der aus dem Vorjahr übertragenen Reste waren 1 229,3 Mio. DM verfügbar, im Vorjahr zu dieser Zeit waren es 1 408,1 Mio. DM. Für Bauvorhaben des Tiefbaus standen mit 539,4 Mio. DM geringfügig weniger Mittel bereit als vor Jahresfrist (Vorjahr: 564,5 Mio. DM). Allein der geringere Ansatz für den "Straßentunnel Reichpietschufer-Heidestraße-Landwehrkanal" schlägt mit minus 5,0 Mio. DM zu Buche. Insgesamt sind somit die Baumittel im Hoch- und Tiefbau zusammengenommen von 1 972,6 Mio. DM in 1998 auf 1 768,7 Mio. DM in diesem Jahr zurückgegangen; das bedeutet eine Abnahme von 10,3 %.
Die Vergabe von Bauaufträgen aus dem Landeshaushalt ist im Berichtszeitraum dennoch gegenüber dem Vorjahr im Hochbau um rd. 90,0 Mio. DM angestiegen.Im 1. Halbjahr 1999 wurden für 699,7 Mio. DM Hochbauaufträge erteilt, vor einem Jahr wurden in diesem Zeitraum nur für 608,7 Mio. DM öffentliche Bestellungen herausgegeben. Für Tiefbauvorhaben wurden Aufträge in Höhe von 219,6 Mio. DM erteilt; das waren 8,8 Mio. DM weniger als im vergleichbaren Zeitraum des Vorjahres (1. Halbjahr 1998: 228,4 Mio. DM).
Die Auftragsbindung lag im Hochbau mit 70,0 % geringfügig über dem Vorjahresergebnis (69,0 %); im Tiefbau waren 69,8 % der verfügbaren Mittel auftragsgebunden (Vorjahr: 75,1 %). Am Ende des zweiten Vierteljahres waren die verfügbaren Mittel im Hochbau zu 27,5 % ausgeschöpft (Vorjahr: 26,2 %); im Tiefbau waren 25,3 % des bereitstehenden Mittelvolumens ausgezahlt (Vorjahr: 23,4 %).

7. Gesamtbeurteilung der Baukonjunktur
Der abklingende einigungs- und hauptstadtbedingte Bauboom hinterlässt offensichtlich Spuren. Die Bauabsichten gewerblicher Investoren, privater Bauherren sowie der öffentlichen Hände schwächen sich ab. Dabei spüren die in Berlin ansässigen Baubetriebe in besonderem Maße die nachlassende Nachfrage nach Bauleistungen. Die Konjunkturaussichten werden somit vorsichtiger eingeschätzt. Es kommt hinzu, dass auswärtige Anbieter unter den Bedingungen günstigerer Kostenstrukturen einen festen Marktanteil in der Hauptstadt akquiriert haben und die aus Berlin abgewanderten Unternehmen ihre eingegangenen Geschäftsbeziehungen vom Umland aus bedienen.
Unter diesen Rahmenbedingungen sind die Personalbestände weiter reduziert worden und die Bautätigkeit der einheimischen Wirtschaft ging auch im 2. Vierteljahr 1999 erneut zurück. Zur Jahresmitte sind nur noch 35 500 Beschäftigte einschließlich der Inhaber und Angestellten im Berliner Bauhauptgewerbe tätig, die Zahl der gewerblichen Arbeitnehmer sank gegenüber dem Vorjahr um 5 700 Personen.. Gleichzeitig waren bei den Berliner Arbeitsämtern mit 25 450 Arbeitnehmern der Bauberufe genauso viel Personen arbeitslos gemeldet wie vor einem Jahr. Die Stagnation auf dem Arbeitsmarkt ist in Anbetracht sinkender Beschäftigtenzahlen somit noch kein Indiz für eine arbeitsmarktpolitische Wende im Bausektor.
Eine gewisse Stabilisierung ist nach Berichten der Handwerkskammer Berlin im klein- und mittelständischen Bereich des Baugewerbes zu beobachten. Offensichtlich hat die Intensivierung der Vergabetätigkeit der Berliner Baudienststellen mit vermehrten fach- und gewerksweisen Losen dazu beigetragen, die Teilnahmemöglichkeiten kleinerer und mittlerer Unternehmen am Wettbewerb um Bauaufträge zu verbessern. Derartige Vergaben bedeuten somit praktizierte Mittelstandspolitik.

8. Empfehlungen
Die Einflussmöglichkeiten des Senats, mit Hilfe von Vergaberegelungen die Chancengleichheit einheimischer Bauarbeiter und -unternehmen zu verbessern, beschränken sich auf das Auftragsvolumen Berlins und umfassen nur 10 bis 15 % des gesamten Baugeschehens. Somit hat der Senat für diesen wichtigen Wirtschaftszweig nur in sehr begrenztem Umfang Einwirkungsmöglichkeiten. Gleichwohl wird er keine Gelegenheit auslassen, um die Entwicklung in eine positive Richtung zu lenken.
Berlin hat als erstes Bundesland zur Stabilisierung der regionalen Beschäftigung von der Möglichkeit des neuen Vergaberechtsänderungsgesetzes Gebrauch gemacht und soziale Kriterien bei der Vergabe von Bauaufträgen eingeführt. Die tarifgerechte Entlohnung der Arbeitnehmer im Baugewerbe und bei Gebäude- und Immobiliendienstleistungen ist mit dem Berliner Vergabegesetz auf eine gesetzliche Grundlage gestellt worden.
Das Abgeordnetenhaus von Berlin hat am 9. Juli 1999 das Berliner Vergabegesetz beschlossen. Danach soll die Vergabe von Bauleistungen sowie von Dienstleistungen bei Gebäuden und Immobilien mit der Auflage erfolgen, dass die Unternehmen ihre Arbeitnehmer bei den Ausführungen dieser Leistungen nach den jeweils in Berlin geltenden Entgelttarifen entlohnen und dies auch von ihren Nachunternehmern verlangen. Bewerber, die ihre Arbeitnehmer entgegen einer solchen Auflage nicht nach den jeweils in Berlin geltenden Entgelttarifen entlohnen, sollen bis zu einer Dauer von zwei Jahren vom Wettbewerb ausgeschlossen werden. Zur Unterstützung dieses Gesetzes müssen alle am Baugeschehen Beteiligten mithelfen, die bisherige Tendenz der bauwirtschaftlichen Entwicklung in Berlin umzukehren.
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