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Archiv: Berliner Baukonjunktur
Bericht Berliner Bauwirtschaft 2/2000
Vierteljahresbericht über die Entwicklung
der Berliner Bauwirtschaft 2/2000
(publiziert im September 2000)
1. Auftragslage
Die Auftragseingänge entwickelten sich im 1. Halbjahr 2000 für das Berliner Bauhauptgewerbe spartenspezifisch sehr unterschiedlich. Während die Nachfrage nach Hochbauleistungen leicht zunahm, mussten Tiefbauunternehmen gravierende Rückgänge bei den Bestellwerten hinnehmen.
Die gewerblichen Bauherren waren die Stütze der Baukonjunktur. Sie vergaben im Berichtszeitraum des 2. Vierteljahres 39,6 % mehr Bauaufträge für Hochbauleistungen als im vergleichbaren Zeitjahr des Vorjahres. Im 1. Halbjahr überstieg dieses Bestellvolumen den Vorjahreswert sogar um 50,2 %. Dadurch konnten die Berliner Unternehmen des Bauhauptgewerbes insgesamt im 1. Halbjahr 2,8 % mehr Hochbauaufträge verbuchen als in den ersten 6 Monaten des Vorjahres, obwohl öffentliche Bauherren um 54,1 % weniger Hochbauleistungen bestellten und Wohnungsbauherren um 3,7 % weniger orderten.
Die Flaute bei den Aufträgen für Tiefbauten hat sich im 2. Vierteljahr verstärkt, so dass über das 1. Halbjahr gesehen fast ein Drittel weniger Bestellungen geflossen sind (- 29,9 %) als vor Jahresfrist. Gewerbliche Investoren haben ihre Bestellungen für Tiefbauleistungen besonders stark eingeschränkt (2. Vierteljahr: - 65,5 %) und auch vom öffentlichen Straßen und Verkehrsbau gingen keine Impulse aus.
Die Auftragsbestände, die das Berliner Bauhauptgewerbe zur Jahresmitte in den Büchern mit 3,3 Mrd. DM vorrätig hatte, verharrten nahezu unverändert auf dem Stand des Vorquartals (3,4 Mrd. DM). Verglichen mit dem Vorjahr bedeuten diese Werte jedoch eine Abnahme um durchschnittlich 13,5 %, wobei Tiefbauauftragsbestände eine erheblich stärkere Rückläufigkeit zeigen als die des Hochbaus. Im Hochbau trat auch bei dem Indikator der Auftragsbestände die stabilisierende Wirkung der gewerblichen Auftraggeber zu Tage; die Werte in dieser Sparte übertrafen die Vorjahresbestände zur Jahresmitte um 16,5 %.
Die bauaufsichtlichen Genehmigungen signalisieren als Frühindikator des künftigen Baugeschehens keine Besserung. Gemessen am umbauten Raum sind im 1. Halbjahr 2000 die Bauabsichten um 37,4 % zurückgegangen, und dabei waren Gewerbe und Industrie mit - 49,6 % überproportional beteiligt. Falls im 2. Halbjahr keine Bes-serung eintritt, wird die gewerbliche Wirtschaft künftig die Bautätigkeit nicht mehr stabilisierend beeinflussen.
Im Berliner Handwerk klagten die Betriebe sowohl des Bauhauptgewerbes als auch des Ausbaues nach der vierteljährlichen Konjunkturumfrage der Handwerkskammer Berlin über einen Auftragsrückgang, der stärker als erwartet ausfiel und noch über dem Wert des Vorjahres lag.

2. Bautätigkeit
Die Bautätigkeit war auch im 2. Vierteljahr 2000 von weiterer Rückläufigkeit gekennzeichnet. Gemessen an den geleisteten Arbeitsstunden ist die Leistung der Berliner Unternehmen im Berichtszeitraum gegenüber dem entsprechenden Vorjahresquartal um 19,0 % zurückgegangen. Besonders stark haben sich die Aktivitäten im gewerblichen Tiefbau (- 21,9 %) und im Straßenbau (- 21,8 %) abgeschwächt. Auch im Wohnungsbau fiel die Rückläufigkeit mit 19,4 % ebenfalls überdurchschnittlich aus.
Über das gesamte 1. Halbjahr 2000 gesehen lag die Bautätigkeit sowohl im Hoch als auch im Tiefbau tendenziell um rd. 15 % unterhalb der Vorjahresproduktion. Die im Wohnungsbau tätigen Betriebe waren mit einer Abnahme von 16,0 % betroffen. Auch im öffentlichen Hochbau (- 15,2 %) fiel der Rückstand zum Vorjahr recht deut-lich aus. Sogar im auftragsmäßig stabilen gewerblichen Hochbau schwächte sich die Produktion einheimischer Kapazitäten um 8,0 % ab. Im Tief- und Straßenbau betragen die Reduzierungen jeweils 16,1 %.
Der Personalstand im Berliner Bauhauptgewerbe sinkt weiter. Die Beschäftigten-zahlen lagen im Juni 2000 um 13,5 % unterhalb des Vorjahresniveaus. Am 30.06.2000 waren 32 130 Beschäftigte (einschl. Inhaber und mithelfender Familien-angehöriger sowie Auszubildender) im Berliner Bauhauptgewerbe tätig. Das sind 5 029 Personen weniger als ein Jahr zuvor. Der Abwärtstrend hat sich somit verstärkt fortgesetzt.
Im bauhauptgewerblichen Handwerk erzielten die Betriebe entsprechend der abgeschwächten Auftragssituation niedrigere Umsätze als im Vorjahr um diese Zeit. Im Ausbaugewerbe so berichtet die Handwerkskammer Berlin hat sich die Zahl der Beschäftigten im Berichtsquartal um 0,4 % vermindert. Im Vergleich zum industriel-len Baubereich kann diese Rückläufigkeit noch als moderat bezeichnet werden.

3. Preissituation
Nach Feststellungen des Statistischen Landesamtes Berlin haben die Preise für Bauleistungen im 2. Quartal 2000 weiter nachgegeben. Der Preisindex für den Neubau von Wohngebäuden ging innerhalb des Berichtszeitraumes um 0,4 % und innerhalb eines Jahres um 1,9 % zurück; er erreichte im Mai 2000 eine Ziffer von 93,4 (Basis 1995 = 100). Für Bürogebäude errechnete das Statistische Landesamt im Vorjahresvergleich einen Preisrückgang um 1,2 %; der Index belief sich hier auf 95,4 (Basis 1995 = 100). Der Preisindex für gewerbliche Betriebsgebäude betrug ebenfalls 95,4; er verringerte sich somit gegenüber Mai 1999 um 1,2 %. Die Instand-haltung von Mehrfamiliengebäuden ohne Schönheitsreparaturen verbilligte sich innerhalb eines Jahres um 1,6 %, und die Bauleistungen für Schönheitsreparaturen in Wohnungen gingen im Mai 2000 um 3,5 % gegenüber dem vergleichbaren Monat des Vorjahres zurück.
Der Teilindex für Rohbauarbeiten (Neubau von Wohngebäuden), sank gegenüber Mai 1999 stärker als der Durchschnitt aller Bauleistungen, und zwar um 3,2 %. Er erreichte einen Stand von 88,8 (Basis 1995 = 100), was wiederholt auf deutliche Preisreduzierungen bei Gerüstbauarbeiten (- 6,7 %) zurückzuführen ist. Zimmer und Holzbauarbeiten wurden um 6,5 % billiger. Abdichtungs (+ 2,2 %) und Stahlbauarbeiten (+ 1,3 %) wiesen im Gegensatz zur Mehrzahl der Rohbauarbeiten Verteuerungen auf.
Der WohngebäudeTeilindex für Ausbauarbeiten sank im Mai 2000 in geringerem Umfang als der Gesamtindex, und zwar um 0,8 %. Es wurden zum Teil auch deutli-che Preissteigerungen registriert. So verteuerten sich z. B. Verglasungsarbeiten um 7,0 %, Förder, Aufzugsanlagen, Fahrtreppen und Steige um 4,1 %, Betonwerksteinarbeiten um 2,7 %, Gebäudeautomation um 2,0 % und Metallbauarbeiten ebenfalls um 2,0 %. Preisrückgänge innerhalb des Ausbaus wurden bei Tapezierar-beiten (- 4,0 %), bei Putz und Stuckarbeiten (- 3,7 %) sowie bei Fliesen- und Plat-tenarbeiten (- 3,1 %) festgestellt.
Die Preisentwicklung für Tiefbauleistungen war nach Angaben des Statistischen Landesamtes Berlin auch im 2. Quartal 2000 mit Ausnahme des Straßenbaus weiterhin nach unten gerichtet. Der Preisindex für sämtliche in Berlin typischen Tiefbauarbeiten sank im Mai um 1,7 % gegenüber dem entsprechenden Vorjahreswert, er liegt nunmehr bei 88,0 (1995 = 100). Straßenbauleistungen verbilligten sich bin-nen Jahresfrist nur um 0,1 %. Gegenüber dem 1. Quartal 2000 gab es hier, bedingt durch ölabhängige Materialpreisverteuerungen, Preisanhebungen um 0,6 %. Der Index für den Straßenbau beträgt 85,2 (1995 = 100).
Anders als in Berlin sind die Preise für Bauleistungen an Wohngebäuden (Neubau) bundesweit gestiegen. Im Mai 2000 erhöhte sich der Baupreisindex im Durchschnitt aller Bundesländer gegenüber dem Vorjahr um 0,4 % und stieg somit auf 98,7 (Basis 1995 = 100).
Auf dem Baustoffsektor zeigten die Preise für Heizöl (+3,1 %) und andere ölabhängige Stoffe eine aufwärtsgerichtete Tendenz. So erhöhten sich die Preise für Straßenbaubitumen beispielsweise um 3,0 %. Preisanstiege wurden auch bei Walzwerkerzeugnissen wie bei Formstahl (+ 7,9 %) und bei Breitflanschträgern (+ 11,3 %) verzeichnet. Preisnachlässe in der Größenordnung um 1,2 % wurden bei Spundwänden festgestellt. Die seit einem Jahr zu beobachtende Aufwärtsbewegung bei den Kupferpreisen setzte sich innerhalb des Berichtszeitraumes mit + 2,6 % fort.

4. Arbeitsmarkt
Mit dem gegenwärtigen Beschäftigtenabbau im Baugewerbe kann eine Entspannung am Arbeitsmarkt für Bauberufe nicht einhergehen. Nur in saisonaler Hinsicht hat sich die Situation in den Monaten April bis Juni etwas verbessert. Die Zahl der arbeitslosen Bauarbeiter ist in diesem Zeitraum um 2 800 Personen zurückgegangen; das Vorjahresniveau wurde aber immerhin noch um fast 1 290 Beschäftigungslose übertroffen. Auch die Nachfrage nach Arbeitskräften für das Baugewerbe bewegt sich mit 478 Gesuchen, die sich vorwiegend auf Fachkräfte richten, auf unvermindert niedrigem Stand.
Der Bauarbeitsmarkt stellte sich somit insgesamt zum 30. Juni 2000 wie folgt dar:
Arbeitsmarktdaten am 30. Juni
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1999 |
2000 |
Arbeitslose Bauarbeiter |
25 448 (27,8 %) |
26 734 (29,2 %) |
Offene Stellen |
637 |
478 |
Auch die Kurzarbeit im Baugewerbe baut sich nur sehr zögerlich ab. Im Juni arbeiteten 2 254 Bauleute verkürzt, vor einem Jahr waren es 1 254 Arbeitnehmer.

5. Ausschreibungsergebnisse
Im 2. Quartal 2000 fiel das Vergabevolumen der öffentlichen Auftraggeber Berlins deutlich ab und unterschritt das des entsprechenden Vorjahreszeitraumes deutlich.
Darstellungen von Unternehmen des Bauhaupt und Ausbaugewerbes zufolge verkürzte sich die Reichweite ihrer Auftragsbestände. Die Auslastung verblieb unter der des Vorjahres, nur die Betriebe des Tiefbaus meldeten im Konjunkturtest eine gute Kapazitätsauslastung im Berichtszeitraum.
Nach Auswertung der Auftragsvergaben der Berliner Baudienststellen konnten sich auch im 2. Quartal des Jahres 2000 die Betriebe mit Sitz in Berlin weiterhin erfolgreich im Wettbewerb behaupten und den weit überwiegenden Teil des Vergabevolumens an sich binden.
Die durchschnittlichen Einzelauftragswerte gingen gegenüber dem Vorquartal deutlich zurück, da inzwischen nicht nur fortzusetzende Bauinvestitionen sondern auch kleinteilige Aufträge des inzwischen beschlossenen Haushalts 2000 vergeben werden konnten.
Aus den Angeboten für Baumaßnahmen Berlins wurde im 2. Quartal eine Preisentwicklung mit anhaltendem Abwärtstrend insbesondere bei Rohbauleistungen ersichtlich, während der Ausbaubereich durch eine uneinheitliche Preisentwicklung mit Preisabsenkungen wie auch teilweise starken Preisanhebungen gekennzeichnet ist.
Im 2. Vierteljahr dieses Jahres berichtet insbesondere das Handwerk von gestiegenen Einkaufspreisen für Materialien, die infolge des starken Preiswettbewerbs nicht mit den Angebotspreisen weitergegeben werden konnten. Im industriellen Bau sind diese Stoffpreiserhöhungen außer bei mineralöl und metallhaltigen Materialien nicht zu verzeichnen.
Die Auswertungsergebnisse der Angebote deuten insgesamt weiter darauf hin, dass z. T. zu niedrig kalkulierte Angebote abgegeben werden, die den Einsatz von Billiglohnkräften und damit keine fachgerechte Ausführung vermuten lassen.

6. Ausschöpfung der Haushaltsmittel(einschließlich Unterhaltungsmaßnahmen sowie Auftragsverwaltung des Bundesministers für Verkehr)
Ende Juni 2000 standen 191,7 Mio. DM weniger Haushaltsmittel für Hochbaumaßnahmen zur Verfügung als zur gleichen Zeit des Vorjahres. Einschließlich der aus dem Vorjahr übertragenen Reste waren 1 037,6 Mio. DM verfügbar, im Vorjahr zu dieser Zeit waren es 1 229,3 Mio. DM. Für Bauvorhaben des Tiefbaus standen mit 465,7 Mio. DM 73,7 Mio. DM weniger an Mitteln bereit als vor Jahresfrist (Vorjahr: 539,4 Mio. DM). Allein der geringere Ansatz für den "Straßentunnel ReichpietschuferHeidestraßeLandwehrkanal" schlägt mit minus 50,5 Mio. DM zu Buche. Insgesamt sind somit die Baumittel im Hoch und Tiefbau zusammengenommen von 1 768,7 Mio. DM in 1999 auf 1 503,3 Mio. DM in diesem Jahr zurückgegangen; das bedeutet eine Abnahme von 15,0 %.
Die Vergabe von Bauaufträgen aus dem Landeshaushalt fiel im 1. Halbjahr gegenüber dem entsprechenden Vorjahreszeitraum im Hochbau um rd. 54,4 Mio. DM geringer aus. In dieser Zeit wurden für 644,9 Mio. DM Hochbauaufträge erteilt, vor einem Jahr wurden in diesem Zeitraum für 699,3 Mio. DM öffentliche Bestellungen herausgegeben. Für Tiefbauvorhaben wurden Aufträge in Höhe von 237,6 Mio. DM erteilt; das waren 18,0 Mio. DM mehr als im vergleichbaren Zeitraum des Vorjahres (1. Halbjahr 1999: 219,6 Mio. DM).
Die Auftragsbindung lag im Hochbau mit 72,9 % geringfügig über dem Vorjahreser-gebnis (70,0 %); im Tiefbau waren 76,0 % der verfügbaren Mittel auftragsgebunden (Vorjahr: 69,8 %). Am Ende des 2. Vierteljahres waren die verfügbaren Mittel im Hochbau zu 30,5 % ausgeschöpft (Vorjahr: 27,5 %); im Tiefbau waren 26,0 % des bereitstehenden Mittelvolumens ausgezahlt (Vorjahr: 25,3 %).

7. Gesamtbeurteilung der Baukonjunktur
Gegenwärtig ist in der Entwicklung der regionalen Baukonjunktur keine positive Grundtendenz zu erkennen. Obwohl der Kapitalmarkt unvermindert günstiges Baugeld bietet, und das Preisklima von der drastischen Ölverteuerung bis auf wenige direkt vom Öl abhängige Baustoffe nicht belastet war, zeigen die Nachfrageindikatoren insgesamt rückläufige Tendenzen. Die Sättigung auf dem Wohnungsmarkt, Überhänge bei Gewerbeflächen und Konsolidierungsanstrengungen bei den öffentli-chen Haushalten hinterlassen offensichtlich ihre Spuren. Die in der Region ansässi-gen Unternehmen leiden außerdem unter dem Konkurrenzdruck auswärtiger Bieter. Es ist inzwischen vermehrt zu beobachten, dass die von den einheimischen Unternehmen hereingenommenen Aufträge an auswärtige Nachunternehmen weitergegeben werden. Somit erklärt sich, warum die stabilisierten Auftragseingänge für den Hochbaubereich nicht zu Beschäftigungswirkungen und zu Arbeitsmarktentlastungen führen.

8. Empfehlungen
Die zunehmende Weitervergabe von Aufträgen führt zum Verlust der Leistungsfähigkeit der ansässigen Bauunternehmen. Es muss vermehrt festgestellt werden, dass bauausführende Betriebe ihr Personal vollständig oder zum großen Teil abgebaut haben. Da die nach § 8 VOB/A geforderte Leistungsfähigkeit dieser Unternehmen nicht mehr gegeben ist, können sie nicht weiterhin im Unternehmer und Lieferan-tenverzeichnis für Bauaufträge (ULV) eingetragen sein.
Von den Baudienststellen ist deshalb verstärkt darauf zu achten, dass bei der Vergabe von Bauaufträgen die Leistungsfähigkeit der Auftragnehmer gewährleistet ist.
Unternehmen, die ihre Bauleitungen ausschließlich oder überwiegend mit Nachunternehmen erstellen wollen, sind nicht als leistungsfähige Bieter zu werten. Sie scheiden aus dem Wettbewerb aus. Hinsichtlich der sehr restriktiv zu handhabenden Zustimmung zum Einsatz von Nachunternehmen sowie der Benennung der Nachunternehmen ist das Rundschreiben SenBauWohnV VI Nr. 23/1998 vom 05.11.1998 zu beachten.
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