|
|
Archiv: Berliner Baukonjunktur
Bericht Berliner Bauwirtschaft 1/2000
Vierteljahresbericht über die Entwicklung
der Berliner Bauwirtschaft 1/2000
(publiziert im Juni 2000)
1. Auftragslage
Nachdem im Januar und Februar 2000 vom Berliner Bauhauptgewerbe äußerst schwache Geschäftsabschlüsse gemeldet wurden, kam es im März zu einer deutlichen Erholung. Entscheidenden Anteil hatten daran die Hochbauaufträge aus der gewerblichen Wirtschaft.
Dank der hohen Bestellwerte der gewerblichen Wirtschaft im Monat März haben die Auftragseingänge für Hochbauleistungen im 1. Vierteljahr das Vorjahresniveau um 5,3 % übertroffen und insgesamt - über alle Bausparten gesehen - nur leicht (- 0,9 %) unterschritten. Diese Entwicklung ist insofern erfreulich, da die schwache Bestelltätigkeit anderer Bereiche dadurch kompensiert wurde. Die Auftragseingänge für Tiefbauleistungen sind z. B. um 16,8 % zurückgegangen. Die Vergabetätigkeit öffentlicher Auftraggeber des Landes und der Bezirke war besonders stark eingeschränkt, da die haushaltsrechtlichen Voraussetzungen nicht gegeben waren, d. h., der Haushaltsplan war zu Beginn des neuen Rechnungsjahres noch nicht beschlossen. Damit durften nur die unbedingt notwendigen Ausgaben geleistet werden, um bestehende Einrichtungen zu erhalten, die gesetzlichen Aufgaben und die rechtlichen Verpflichtungen zu erfüllen sowie begonnene Bauvorhaben weiterzuführen. Das öffentliche Auftragsvolumen für das Berliner Bauhauptgewerbe wies somit im ersten Quartal ein Minus von 26,1 % auf. Auch Wohnungsbauherren orderten rd. 18 % weniger, gemessen am entsprechenden Auftragsvolumen des Vorjahres, obwohl auch hier im März Impulse spürbar waren.
Bei den Auftragsbeständen wirkten sich die Hochbauaufträge aus der gewerblichen Wirtschaft zwar sektoral aus (+ 5,0 %), hatten aber auf das gesamte Volumen der Auftragsbestände keinen erheblichen Einfluss. Insgesamt verfügten die Berliner Betriebe des Bauhauptgewerbes über 3,4 Mrd. DM nicht abgearbeiteter Aufträge, das sind 11,2 % weniger als Vorjahresfrist. Die Hochbaubestände waren um 6,9 %, die Bestände des Tiefbaus um 21,4 % niedriger als Ende März 1999.
Die Handwerkskammer Berlin berichtet aus dem bauhauptgewerblichen Handwerk über Rückgänge bei den Auftragserteilungen. Anders die Situation im Ausbaugewerbe, hier hatten weniger Betriebe als vor einem Jahr reduzierte Auftragseingänge zu verzeichnen, sie schätzten die Geschäftslage mehrheitlich für befriedigend bis gut ein.
Die Bauplanungen haben sich im Berichtszeitraum des ersten Vierteljahres 2000 erheblich rückläufig entwickelt. Besonders bemerkbar machten sich die fehlenden Impulse aus Industrie und Gewerbe, die im 2. Halbjahr 1999 noch die Gesamtnach-frage nach Gebäuden stützten. Gemessen an den bauaufsichtlichen Genehmigungen bewilligten die Bauaufsichtsämter der Bezirke im ersten Quartal 2000 rd. 28 % weniger Gebäude (m3 umbauter Raum) als im vergleichbaren Zeitraum des Vorjahres. Öffentliche Bauherren waren diesmal der stabilisierende Faktor, allerdings ist das Volumen nicht so groß, dass es die fehlenden Wirtschaftsbauten auszugleichen vermochte.

2. Bautätigkeit
Nach Stabilisierung der Beschäftigtenentwicklung und der Bautätigkeit einheimischer Betriebe im zweiten Halbjahr 1999 setzte sich zu Beginn des Baujahres 2000 erneut der Abwärtstrend fort.
Die Beschäftigtenzahlen des Berliner Bauhauptgewerbes sind innerhalb des ersten Quartals 2000 um 3 200 Personen oder 8,6 % reduziert worden. Insgesamt verringerte sich der Personalstand aller Betriebe zum 31. März 2000 auf 33 135 tätige Personen (einschl. Inhaber und mithelfender Familienangehöriger). Verglichen mit dem 31. März 1999 ist das ein Rückgang um 4 450 Personen oder 11,9 %.
Gemessen an den geleisteten Arbeitsstunden ist die Leistung des Berliner Bauhauptgewerbes im Berichtszeitraum des ersten Vierteljahres 2000 um 9,2 % gegenüber dem entsprechenden Vorjahresquartal zurückgegangen. Tiefbauleistungen waren mit - 13,0 % überproportional rückläufig, wobei der gewerbliche Tiefbau (- 14,0 %) und der sonstige öffentliche Tiefbau mit - 14,5 % besonders dazu beitrugen. Hochbauleistungen nahmen um 7,7 % ab, die Wohnungsbautätigkeit (-12,2 %) und der öffentliche Hochbau (- 13,9 %) haben sich innerhalb des Hochbaus besonders schwach entwickelt. Stabilisierende Bausparte war mit einem Zuwachs von 3,6 % der gewerbliche Hochbau.
Auch die Handwerkskammer Berlin berichtet für den bauhauptgewerblichen Teil des Handwerks von deutlich abgesunkener Betriebsauslastung ihrer Betriebe. Somit kommt die Kammer zu dem Schluss, dass von einem Aufwärtstrend nichts zu spüren ist.

3. Preissituation
Die bereits seit Mai 1996 rückläufige Entwicklung der Baupreise setzte sich auch in den ersten Monaten des Jahres 2000 fort. Der Preisindex für den Neubau von Wohngebäuden erreichte im Februar 2000 einen neuen Tiefstand und liegt nunmehr bei 93,8 (1995 = 100). Gegenüber dem Vorjahr ist das ein Rückgang von 2,1 %.
Auf Grund des relativ hohen Rückgangs gegenüber der letzten Erhebung im November 1999 (-1,2 %) vermutet das Statistische Landesamt Berlin auch für das weitere Jahr 2000 Preisabschläge.
Ebenso wie beim Neubau von Wohngebäuden wurde für die Errichtung neuer Bürogebäude ein Preisrückgang (1,3 %) verzeichnet. Der entsprechende Index ging auf 95,7 Punkte (1995 = 100) zurück. Innerhalb des Wohnungsneubaus sank der Teilindex für Rohbauarbeiten, der mit einer Gewichtung von 50 % in die Berechnung eingeht, um 3,3 % und damit stärker als der Gesamtindex. Er erreichte einen Stand von 89,3 (1995 = 100). Besonders deutlich sanken die Preise für Gerüstarbeiten (- 7,6%) und Zimmerer- und Holzarbeiten (- 6,4%). Preisanhebungen wurden für Abdichtungsarbeiten und für Stahlbauarbeiten (+2,3 % bzw. + 0,8 %) gemeldet.
Die Preise für Ausbauarbeiten (Gewichtung 50 %) gingen im Februar 2000 mit einem Minus von 0,9 % ebenfalls zurück; wobei die Preisentwicklung der einzelnen Bauleistungen sehr unterschiedlich war. Preisrückgänge wurden bei Fliesen- und Platten-, und Tapezierarbeiten mit jeweils - 4,5 %, bei Putz- und Stuckarbeiten um -3,7 %, bei Blitzschutzanlagen um - 3,5 % und bei Dämmarbeiten an technischen Anlagen um - 2,4 % registriert. Höhere Preise wurden bei Verglasungsarbeiten (+ 6,1 %), Förder-, Aufzugsanlagen, Fahrtreppen, -steige (+ 2,8 %) und bei Metallbauarbeiten (+ 1,2 %) verzeichnet.
Ein deutlicher Preisrückgang konnte erneut bei dem für Berlin typischen Index aller Tiefbauleistungen festgestellt werden; er verringerte sich um 2,8 % gegenüber dem entsprechenden Vorjahresquartal und betrug 88,2 (Basis 1995 = 100). Im Straßenbau fielen die Preisabschläge im Vorjahresvergleich mit 2,1 % etwas geringer aus als die der gesamten Tiefbauleistungen, da besonders die ölabhängigen Stoffe mit Verteuerungen zu Buche schlugen. Im Ingenieurtiefbau verbilligten sich die Leistungen um 3,1 % und im Leitungsbau um 2,4 %.
Der bundesweite Preisindex für Bauleistungen an Wohngebäuden wurde im Februar 2000 mit 98,4 (1995 = 100) berechnet. Im Gegensatz zu den Berliner Baupreisen war damit ein minimaler Anstieg zu verzeichnen.
Bedingt durch die Entwicklung auf dem internationalen Rohölmarkt haben sich die Preise für Bitumen und bituminöses Mischgut erheblich verteuert. Die Preissteigerungen bei Bitumen bewegen sich zwischen + 39,0 % und + 46,4 % und bei bituminösen Mischgut zwischen + 6,5 % und + 13,6 %. Preisnachlässe wurden bei Formstahl (- 2,9 %) und bei Hochlochklinkern zwischen - 1,1 % und - 36,9 % registriert. Leichthochlochziegel zeigten sowohl Preisnachlässe bis zu - 17,6 % aber auch Preiserhöhungen bis zu + 4,6 %.
Der Aufwärtstrend bei den Rohstoffpreisen setzte sich weiter fort. Ein starker Anstieg der Preise war bei leichtem Heizöl mit + 12,5 % und bei Dieselkraftstoff mit + 11,9 % zu verzeichnen. Der Kupferpreis bewegt sich weiter auf hohem Niveau und stieg im Vergleich zum 4. Quartal 1999 um + 8,4 % an.

4. Arbeitsmarkt
Anders als 1999 war im ersten Quartal des Jahres 2000 noch kein Abbau der Winterarbeitslosigkeit im Baugewerbe festzustellen. Im Monat März ist die Zahl der arbeitslosen Bauarbeiter nochmals gegenüber dem Vormonat um 111 Personen angestiegen, während vor einem Jahr zu dieser Zeit bereits eine deutliche Entlastung des Arbeitsmarktes mit einer Minderung der Arbeitslosenzahl um 1 123 Personen eingetreten war. Offensichtlich werden die Geschäftsaussichten von der bauausführenden Wirtschaft in diesem Frühjahr nicht so positiv eingeschätzt wie das noch 1999 der Fall war, und die Personaldispositionen fielen entsprechend zurückhaltend aus.
Dementsprechend war auch die Nachfrage nach Arbeitskräften für das Baugewerbe weiterhin äußerst niedrig. Ende März 2000 wurden den Arbeitsämtern lediglich 336 offene Stellen für Arbeitnehmer in den Bauberufen gemeldet. Vor einem Jahr waren es noch 652.
Am 31. März 2000 stellt sich der Bauarbeitsmarkt wie folgt dar:
Arbeitsmarktdaten am 31. März
|
1999 |
2000 |
Arbeitslose Bauarbeiter |
29 213 (28,6 %) |
29 554 (29,0 %) |
Offene Stellen |
652 |
336 |
Auch bei der Kurzarbeit war trotz guter Witterungsbedingungen keine Entlastung zu verzeichnen. Im März 2000 arbeiteten 2 763 Bauleute verkürzt, vor einem Jahr waren es 2 311.

5. Ausschreibungsergebnisse
Den Meldungen der Baudienststellen zur Auftragsvergabe ist zu entnehmen, dass die Vergabeintensität im ersten Quartal 2000 saisonbedingt wieder zunahm, aber unter dem Ergebnis des ersten Quartals 1999 verblieb. Besonders bei den Tiefbaumaßnahmen mußte ein Rückgang des Vergabevolumens gegenüber dem ersten Quartal 1999 festgestellt werden.
Die durchschnittlichen Einzelauftragswerte im Quartal lagen erheblich über den Werten des Vorjahres, was tendenziell gegen eine kleinteilige Vergabe spricht.
Dennoch konnten die Berliner Baubetriebe im ersten Quartal des Jahres 2000 sich erfolgreich im Wettbewerb um Aufträge des Landes behaupten. Nach Auswertung der Auftragsvergabevermerke ist der weit überwiegende Teil des Vergabevolumens an Betriebe mit Sitz in Berlin gegangen.
Nach Darstellungen von Unternehmen des Bauhaupt- und Ausbaugewerbes wurde die Kapazitätsauslastung sowie die Beschäftigungsintensität im Laufe des ersten Quartals, nach dem saisonbedingten Tiefpunkt im Januar, u.a. auf Grund des milden Winters, ab Februar leicht verbessert. Bei den Auftragsbeständen verkürzten sich daher die Auftragsreichweiten. Lediglich vom Hochbau wurden verlängerte Auftragsreichweiten mitgeteilt. Zum Ende des Quartals zeichnete sich für das Baugewerbe infolge der verstärkten Nachfrage nach Bauleistungen eine leichte Besserung der Geschäftslage ab.
Aus den Angebotspreisen für Baumaßnahmen Berlins war im ersten Quartal ein anhaltender Abwärtstrend ersichtlich, das traf für die Preisentwicklung im Roh- wie im Ausbaubereich zu. Er verstärkte sich insbesondere noch bei Rohbauleistungen sowie bei Leistungen im Ingenieur-, Straßen- und Tiefbau.
Angestiegene Stoffpreise konnten mit den Angebotspreisen offensichtlich nicht weitergegeben werden, diese wurden im Wesentlichen durch den starken Preiswettbewerb bestimmt.
Auch im Berichtszeitraum des ersten Vierteljahres ist erneut festzustellen, dass der anhaltende Wettbewerbsdruck zu Niedrigpreisangeboten führte, deren Angemessenheit oftmals in Frage gestellt werden musste. Auf die Problematik möglicher Schlechtleistungen sowie die Gefahr von Insolvenzen der auftragnehmenden Firmen wurde in den vorangegangenen Berichten hingewiesen. Gründliche Recherchen und Nachkalkulationen der wichtigsten Positionen sind in solchen Fällen angeraten.

6. Ausschöpfung der Haushaltsmittel(einschließlich Unterhaltungsmaßnahmen sowie Auftragsverwaltung des Bundesministers für Verkehr)
Vergleichbare Aussagen über den Stand der Mittelausschöpfung für Baumaßnahmen sind für das erste Vierteljahr 2000 nicht möglich, da bis zum Quartalsende noch kein Haushalt für das laufende Jahr verabschiedet war. Erst Ende April hat das Abgeordnetenhaus von Berlin das Haushaltsgesetz 2000 beschlossen, so dass bis dahin nur unabweisbare Ausgaben und solche für laufende Baumaßnahmen getätigt werden durften.
Erst im 2. Vierteljahresbericht 2000 werden wieder Ergebnisse der Bewirtschaftung von Baumaßnahmen zur Verfügung stehen, die einen Vergleich zum Vorjahr erlauben.

7. Gesamtbeurteilung der Baukonjunktur
Die Lageeinschätzungen der Berliner Bauwirtschaft blieben zu Beginn des Jahres überwiegend pessimistisch. Begründet ist diese Zurückhaltung in der schwachen Bestelltätigkeit des letzten Quartals 1999 sowie des ersten Vierteljahres 2000, wovon der März 2000 ausgenommen werden muss. Für die Berliner Betriebe deutet noch nichts auf einen baldigen Umschwung hin, eher wird von ihnen eine sich abschwächende Baukonjunktur vermutet.
Demzufolge sind die Personaldispositionen der Berliner bauausführenden Wirtschaft im Berichtszeitraum sehr zurückhaltend ausgefallen, und die Freisetzungen in den Wintermonaten bis Quartalsende noch nicht ausgeglichen. Weiter sind Bestrebungen spürbar, kostengünstigere Kapazitäten aus dem Umland und aus den neuen Bundesländern einzusetzen. Die Bauleistung fiel entsprechend schwächer aus als sonst zu dieser Jahreszeit. Auf dem Berliner Arbeitsmarkt konnten sich demzufolge keine Entspannungstendenzen durchsetzen.
In dieser Konstellation muss allerdings darauf hingewiesen werden, dass der Berliner Landeshaushalt erst Mitte April 2000 beschlossen worden ist, so dass für den Bereich der öffentlichen Bautätigkeit Impulse erst nach diesem Zeitpunkt erwartet werden können. Immerhin wird mit dem Landeshaushalt ein Nachfragevolumen von knapp 5,0 Mrd. DM durch direkte Investitionen, bauliche Unterhaltung, Zuwendungen und Fördermaßnahmen ausgelöst. Bei der Umsetzung der Nachfrage werden die Baudienststellen Berlins weiterhin darauf achten, dass zur Aufrechterhaltung der Chancengleichheit der Berliner Arbeitskräfte, Aufträge nach dem Berliner Vergabegesetz (VgGBln) vom 09. Juli 1999 vergeben werden, d.h. dass Berliner Entgelttarife bei der Ausführung von Bauleistungen verlangt werden.

8. Empfehlungen
Der Senat von Berlin und die Landesregierung in Brandenburg haben sich an die Bundesregierung mit der Bitte gewandt, die Rahmenbedingungen zur Bekämpfung von Schwarzarbeit und illegaler Beschäftigung zu verbessern. Dazu gehört die Weiterentwicklung des Sozialversicherungsausweises mit dem Ziel der Fälschungssicherheit sowie die gesetzliche Einführung einer Generalunternehmerhaftung beispielsweise nach dem "Holländischen Modell".
Die regionalen Baudienststellen sollten diese Intention dadurch unterstützen, indem sie darauf achten, dass Bauaufträge - so wie es die VOB vorschreibt - durch den eigenen Betrieb des Auftragnehmers ausgeführt werden und nur in seltenen Ausnahmefällen an Nachunternehmer weitergegeben werden. Auf die Leistungsfähigkeit der auftragnehmenden Firmen ist unbedingt zu achten, im Zweifelsfall ist ein Nachweis über die Zahl der Arbeitnehmer zu verlangen.
|
|
|
|